© Egon Scherer
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Traunkirchens Nachbargemeinden Ebensee und Altmünster stellen den Anspruch, das Mekka der Krippenkultur im Salzkammergut zu sein: Ebensee, weil hier die Tradition des Krippenbauens und des dazugehörigen Brauchtums (Kripperlroas, Kripperlliada) bis heute lebendig ist, Altmünster, weil die von Johann Georg Schwanthaler 1678 für die Pfarrkirche geschaffene Krippe als Urkrippe des Salzkammergutes gilt, die vielen Schnitzern als Vorbild diente.

 

 

Der wahre Ausgangspunkt der Salzkammergut-Krippen ist aber Traunkirchen. Da im 16. Jahrhundert nahezu das gesamte Salzkammergut protestantisch geworden war, berief Kaiser Ferdinand II. 1622 die Jesuiten in das leer stehende Traunkirchner Kloster mit dem Auftrag, die Gegenreformation hier durch­zuführen und die Untertanen der klösterlichen Grundherrschaft dem katholischen Glauben zurückzu­gewinnen. Mittel dazu waren ihnen nicht nur Predigten, Prozessionen und Theateraufführungen; das einfache Volk, das oft des Lesens und Schreibens unkundig war, versuchten sie durch bildhafte Darstellungen des biblischen Geschehens in den Kirchen zu beeinflussen. Offenbar besonders beliebt war das Geschehen um die Geburt Christi.

 

 

Joseph II., dem Aufklärer auf dem Kaiserthron, missfiel die Tatsache, dass immer mehr weltliche Szenen Eingang in die Krippen fanden. Deshalb verbot er 1782 per „Hofdekret“ das Aufstellen der oftmals sehr prunkvollen  Krippen in den Kirchen. Zwar wurde dieses Verbot wenige Jahre später von seinem Nachfolger wieder aufgehoben, dennoch hatte es  weitreichende Folgen: Viele handwerklich begabte Bewohner des Salz­kammer­­gutes - besonders Holz- und Salinenarbeiter - begannen Krippenfiguren nachzu­schnitzen und diese bei sich zu Hause aufzustellen. Im Laufe der Zeit entwickelten sich die figuren­reichen und oftmals ganze Zimmer füllenden „Landschaftskrippen“. Charakteristisch für sie ist die Ausgestaltung, die nicht nur die Landschaft des Salzkammergutes darstellt, sondern auch die Arbeiten und das Leben der Bauern, Hirten, Salinenarbeiter, Holzarbeiter, Jäger und Wilderer.

 

Die größte und künstlerisch wertvollste Traunkirchner Krippe ist die sogenannte Jagaweh-Krippe, benannt nach ihrem Herstellungs­ort, dem hoch über dem Ort gelegenen Haus Jagaweh; sie wird heute im Salzburg-Museum aufbewahrt.  Mehr als 30 Jahre lang, zwischen 1888 und 1919, haben Josef Feichtinger und sein Stiefsohn Josef Scheichl an der Krippe gebaut und an den Figuren geschnitzt; die Frauen der Familie, junge wie alte, waren für die Bemalung zuständig.

 

Angelehnt an die Ebenseer Krippenbautradition besteht die Jagaweh-Krippe aus einer großen Anzahl von Wurzelteilen (ins­gesamt 138 Stück), aus denen die für die Gegend typische Bergwelt mit den mächtigen Kalkstöcken aufgebaut ist. Unter den knapp 100 Figuren sind auch jene Typen, die im Sazkammergut unabkömmlich sind: die Vater-Sohn-Gruppe „Vada, laß mi a mitgehn“, der „Lampötraga", der „Urbal mit der Leinwand", aber auch Symbol­figuren wie der Weintraubenträger  - Wein als das Sinnbild für das Abendmahl. Dazu kommen eine Unzahl von Tieren (Schafe, Kühe, Hunde), 37 Architekturteile - neben Almhütten, Bauern- und Bürgerhäuser auch die Stadtanlage des „Himmlischen Jerusalem" - sowie zahlreiche Einzelbäume und Baumgruppen.